Ein Mustang im Therapieeinsatz
Schon vor vielen Jahren habe ich einen wirklich interessanten Bericht im Fernsehen gesehen. Strafgefangene wurden auf eine mitten in der Prärie gelegene Ranch gefahren und durften dort mit eingefangenen Mustangs als Resozialisierungsmaßnahme arbeiten. Es entstanden ganz wunderbare Partnerschaften, und wer wollte, konnte seinen Mustang nach Absitzen seiner Strafe sogar erwerben.
Damals war ich fast ein bisschen neidisch auf die "Knackis". Die Faszination Mustang aus meinen Kindheitstagen lebte wieder auf. Inzwischen arbeite ich selbst seit über sieben Jahren als Reittherapeutin und habe mehrere Quarter Horses im Einsatz für meine Klienten.
Als ich 2018 auf der Partner Pferd in Leipzig Michael Strussione von American Mustang Germany kennenlernte und mir seine Geschichte über die Mustangs anhörte war ich sehr angetan. Immer wieder verließ ich meinen eigenen Stand, um mich über die Mustangs und das Mustang Makeover zu informieren. Michael hatte auch zwei Mustangs mitgebracht, die in der Arena der Messe einen sehr guten Eindruck machten. Sie schienen in sich selbst zu ruhen und strahlten trotz des Trubels rundherum Gelassenheit und - ja - auch Zufriedenheit aus. Ich war beeindruckt.
Der Gedanke, ein solches Pferd für meine Klienten bereitstellen zu können, ließ mich nicht mehr los. Allerdings war mir auch klar, dass für mich nur ein solches Pferd in Betracht käme, welches menschenbezogen ist und auch schon einen Sattel kennt. Ich schrieb eine entsprechende Mail an Silke Strussione und bekam umgehend Antwort mit mehreren Vorschlägen für einen in Frage kommenden Mustang. Ich war sehr aufgeregt, ein Pferd über Internet hatte ich noch nicht gekauft, und hatte das eigentlich auch nie vor. Ich muss jedoch sagen, dass ich durch die sehr individuelle und vertrauensvolle Beratung von Silke Strussione keine Sorge hatte, das Richtige zu tun.
So fiel meine Wahl auf Shadybrooks Duke, einen neunjährigen Dunolino-Wallach (Dunolino: Farbmischung aus Dun und Palomino). Mit einigen Fotos und einigen kleinen Video (Duke im Round Penn und Duke unter dem Sattel) musste ich mich nun gedulden. Der Verein Mustang Germany e. V. unter der Leitung der Familie Strussione kümmert sich dann um alle notwendigen Dinge wie den Vetcheck, den Transport vom Standort bzw. der Auffangstation zur Quarantänestation, den Flug, die Papiere und die Modalitäten der Bezahlung. Ich musste nur hin und wieder recht schnell Geld in die USA transferieren, entweder via Paypal oder Auslandsüberweisung.
Vom Aussuchen des Mustangs im Januar bis zur Landung in Frankfurt/Main Flughafen und der aufregenden Abholung an der Animal Lounge vergingen knapp 3 Monate, so dass Duke am Gründonnerstag in sein neues Zuhause in Zweenfurth bei Leipzig einziehen konnte. Das Einsteigen in den Hänger nach dem langen Transatlantikflug und dem kurzen Aufenthalt in der Box in der Animal Lounge ging mit Begleitung der Trainerin von Duke auf Anhieb, auch die leider nicht ganz staufreie Fahrt von 6 Stunden meisterte Duke fabelhaft.
Er fühlte sich auf der Ranch sofort zu Hause, wälzte sich ausgiebig im Sand und probierte das reichlich grüne Gras. Beeindruckend ist auch, wie er von Anfang an mit jedem Pferd auf der Ranch zurecht kommt und sich versteht. Die Sozialisierung in einer Mustangherde ist ganz offensichtlich die beste Voraussetzung für ein top Sozialverhalten.
Was ist nun das Besondere an dem Mustang? Seine vorzügliche Achtsamkeit, seine Menschenbezogenheit, sein Mut und seine Zuversichtlichkeit. Er ist im Gelände sicher und geduldig, auf dem Reitplatz folgt er jedem Schritt von seinem Führer, auch ohne Strick, und er ist sehr gelehrig und wissbegierig sowie neugierig. Woran wir noch arbeiten müssen, ist seine Balance, vor allem unter dem Reiter und an seinem Takt in den schnelleren Gangarten.
Es ist klar, dass ein Mustang keine Ausbildungsskala durchlaufen hat und dadurch kein zirkellaufendes Turnierpferd ist. Darüber muss man sich im Klaren sein. Egal, ob der Mustang schon einen Sattel kennt oder nicht. Doch was der Mustang mir, meinen Freunden und meinen Klienten jeden Tag gibt, ist einfach unbezahlbar.
An dieser Stelle noch einmal ein herzliches Dankeschön an Silke und Michael Strussione, die ihr Herzblut für die Mustangs geben und sich wahnsinnig toll für diese grandiosen Pferde einsetzen! Vielen Dank für die Vermittlung dieses vierbeinigen Partners auf Lebenszeit.
Nadja